Werner Brück: Zu Emil Mrowetz, einem Künstler aus Überroth bei Tholey. Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, etwas Informationsmaterial zu Emil Mrowetz zusammenzutragen und eine genauere Werkbetrachtung zu beginnen. Man sollte das Material veröffentlichen, um Grundzüge im Leben und Werk zu dokumentieren.
Werke
Hermann Faltus weist in seinem Buch völlig zurecht darauf hin, daß Mrowetz' ursprünglichstes Talent ein zeichnerisches sei. Dies schloß im weiteren Werdegang Mrowetz' natürlich nicht aus, seine Fähigkeiten auf malerischem und plastischem Terrain zu vertiefen; das Werk Mrowetz' spricht in dieser Hinsicht eine behende Sprache. Mrowetz hat im Lauf seines Lebens Zeichnungen, Drucke, Aquarelle, Gemälde sowohl in Öl als auch in Tempera, Mosaike sowie Skulpturen geschaffen. Er bediente sich dabei verschiedenster Techniken, die er auch seinem künstlerischen Impetus entsprechend umfunktionierte, um zu neuem Ausdruck zu gelangen.
In seiner Bremer Zeit arbeitete Mrowetz vornehmlich im Sinne einer mehr oder weniger gegenstandsbezogenen Kunst, was für Mrowetz bedeutet, Formgebundenheit und Abstraktion als positive Größen der Erscheinung der vorgefundenen Dinge zu betrachten. Ein Beispiel für frühe Werke aus der Hand Mrowetz' mögen die Skulptur "Spielende Fische", der "Christophorus" sowie die "Eichendorff-Büste" sein, was den plastischen Bereich anbelangt; "Ordal" und die "Moorhexe" sowie "In den Bergen" und der "Rote Akt" geben Aufschluß über das malerische Werk aus jenen Jahren. Themen werden in ihren gestalterischen wie narrativen und figurencharakterisierenden Höhepunkten analysiert, die daraus gewonnen Erkenntnisse in künstlerische Form umgesetzt.
So zeigt sich im "Christophorus", 1966 in Vahr ausgestellt, das Stehen des massiven Körpers des Christus- und Weltenträgers, auf dessen Schultern fidel ein kleiner Knabe thront. Der Körper des Christophorus wird hierbei der Positionierung des Christuskindes subordiniert; er dient nunmehr lediglich dazu, kathedrale Säule für den Weltenherrscher darzustellen. Die Plastik besteht aus Holz, ein von Mrowetz ohnehin bevorzugtes Material, das die durch die Ausmaße ohnehin schon beträchtliche Monumentalität des Werkes im Verein mit seiner expressiven Wirkung noch betont. Knabe und Mann, Er-tragen und von Leben Getragen-sein bilden in dieser Skulptur ein Gegensatzpaar, das auf die Paradoxie der Legende verweisen kann, das Erleiden eines (scheinbar) Unbedeutenden. Paradoxie aber noch mehr: Witz bringt Mrowetz gerne an seinen Schöpfungen an - so auch bei den "Sieben Schwaben", dem "Spielmann", der auf die Erzählung des Rattenfängers von Hameln rekurriert, den "Spielenden Fischen" - doch ist dies nicht als Zynismus zu werten, welcher den Bildvorwurf ins Ätzende karikiert: Mrowetz bewahrt eher eine sanfte Fürsorge für seine Schöpfungen, die allzeit präsent um diese onduliert, sowohl in der mal raumgreifenden Komposition des "Spielmanns" oder des "Stiers", Bronze, 22 x 52 x 15 cm, um 1965, als auch in mal kompakteren Ausführungen von Werken wie der "Begegnung" oder der "Jugend". Dasselbe gilt auch und vornehmlich für die sorgfältige Oberflächenausführung seiner Werke, vor allem der kleinformatigeren Bronzen. So ist die den Dingen innewohnende Dynamik, ob es nun das treibende Motiv des Bildvorwurfes in Form einer Erzählung oder aber ein vom Künstler gesuchter Ausdruck ist, der sich aus der Charakterisierung einer Szene oder Figur ergibt, für Mrowetz relevanter Gegenstand seiner Bemühungen.
Dabei sind verschiedene Ausprägungen zu beachten: einerseits, wie erwähnt, die Darstellung erzählerischer Strukturen, deren Formulierung auf einen ausdrucksstarken Nenner, um die Kernaussage der Erzählung künstlerisch interpretiert wiederzugeben. Andrerseits die Beobachtung der den Künstler umgebenden Wirklichkeit, um dann solche Werke wie den "Stier" zu schaffen, eine Bronze, in den sechziger Jahren entstanden, also noch in der Norddeutschen Zeit, oder aber um die Eindrücke seiner Spanienreise in den Sechzigern in Aquarellen oder Temperagemälden wiederzugeben; als Beispiele seien das "Spanische Dorf" sowie "In den Bergen" genannt. Weitere Beispiele beziehen sich dann auch auf sein Leben in der Nähe der norddeutschen Moore, so z. B. "Im Moor", "Niederung", "Die Landstraße". Dabei verfolgt Mrowetz einen impressiven Duktus, der das Vorgefundene aufs Wesentlichste reduziert, trotzdem aber dieses wiedergibt.
Drittens aber schafft Mrowetz auch Werke, die weder auf ein Vorgefundenes, noch auf eine Geschichte zurückgreifen, und damit eine Ausdrucksdimension gewinnen, die künstlerische Invention nunmehr nicht als Interpretation eines Gegebenen, sondern als Schöpfungsakt von Ausdrucksformeln für lebensbestimmende und lebenserhaltende Abstrakta charakterisiert. So stellt er im Gespräch das klassische Füreinander von Selbstäußerung und Eingehen auf den anderen dar. Dabei ist aber zu beachten, daß für Mrowetz die dialogische Situation Gleichberechtigung impliziert. So ist das Gespräch durchaus als Exempel und Bedingung der Gegenseitigkeit zu verstehen. Reduziert auf charakterisierende Formgestaltung, zuungunsten der Darstellung von im künstlerischen Ausdruck ohnehin nur störenden Details, entspinnen sich zwischen beiden Polen der Unterhaltung Forderungen des Künstlers an die Bereitschaft des Menschen zur Kommunikation. In diesem Sinn strebt Mrowetz nach Darstellung des Gültigen, Wahren, was ihm vor allem im Buch Faltus' positive Resonanz eingebracht hat. Später modifiziert er den Ausdruck des Gesprächs zu einer gelockerten, weniger auf Gegenseitigkeit des Erzählens und Zuhörens bedachten Komposition, indem er im "Kleinen Gespräch" die Rollenverteilung klarer herausstreicht. Dies tut aber dem Streben nach abstraktem Ausdruck keinen Abbruch.
Die Skulptur "Begegnung", aus Lindenholz, evoziert das Wiedererkennen aus demselben Ursprung, das Vergewissern des anderen mittels seiner haptischen Existenz. Fühlungnahme, Umschließen, Annehmen erfolgen, ohne ganz in Gegenwart gehalten zu sein. Ein abwesender Blick, ungeachtet der physischen Existenz des Du, schweift in die Vergangenheit, vergewissert sich dessen, was einmal war und woraus beide jetzt in ihrer Begegnung neu erwachsen. Interessant auch hier, wie bei allen anderen Skulpturen: die Thematisierung des Linearen, sei es als Ausklammerung, wie im Gespräch, wo beide Parteien fluidale Lebensphären bilden, die durch die wechselseitige Bezugnahme durch polare Anordnung miteinander kommunizieren, sei es im "Christophorus", wo das Wesen des Kindes knapp durch grafische Elemente charakterisiert wird, sei es in der "Begegnung", wo scheinbar eine Längung der Körper durch Reduktion des Detailreichtums sowie Rücknahme der plastischen Modellierung der Proportionen vorgenommen wird, ohne jedoch klassiche Maßstäbe von Kopf zu Körper außer acht zu lassen, oder sei es wie beim "Stier" oder beim "Fährmann", welche Skulpturen sogar Gratbildungen aufweisen, die im Verein mit Licht und Schatten linearisierende Effekte ausbilden.
Linearisierung auf den Punkt getrieben: die "Jugend", eine Bronze-Statue einer sich zurücklehnenden, einer sich streckenden jungen Frau, eben noch im Kindesalter, jetzt aber pointiert auf die Spannung der jugendlichen Brust konzentriert. Jedoch wird diese Sichtweise durch den Betrachter ans Werk getragen - die junge Frau wird sich dieses Werdungsprozesses nicht inne; sie stellt ganz Handeln und Verhalten dar, wodurch sich der Betrachter natürlich in eine mehr oder weniger prekäre Situation begibt. Er ist Zuschauer, aus der Rolle des Zuschauers betrachtet er dieses an der Schwelle zur Frau stehende junge Mädchen, genauso wie der Mensch im allgemeinen diejenigen bewundert, welche an der Schwelle zum eigengestalteten Leben stehen, ob Mann, ob Frau. Eigengestaltet will das Leben der Jugend verlaufen, dementsprechend besitzt der Betrachter keinerlei Einflußmöglichkeit auf Potenz und Akt des Mädchen, sich von seiner Kindheit zu lösen und ein Neues anzufangen. Dementsprechend ist der Körper des Aktes kompakt und glatt gestaltet: es ergibt sich ein Wechselspiel aus Anfassen und Darübergleiten, wobei die tatsächliche Berührung durch den lediglichen Blick substituiert wird - Wehmut? -, der entlang der Vertikalen von unten nach oben wandert und von der Spannung der Brust in zwei verschiedene Richtungen auseinandergerissen wird, und andererseits, als zweitem Pol des Wechselspiels, der autonomen Existenz der Jugend, welche sich der Ansprache verwehrt, welche sich streckt und biegt, um sich seiner selbst inne zu werden, sich zu genießen und sich zu erleben. Der Betrachter bleibt draußen. Die Jugend entwindet sich seinem Zugriff. Das Wechselspiel vollzieht sich genau zwischen beiden Brüsten, dort, wo der Blick des Betrachters in seiner Aufwärtsbewegung in die Horizontale übergeleitet wird, das Mädchen oder besser: die junge Frau zu fassen versucht, deren Körperlichkeit jedoch zu durchdringen und in Besitz zu nehmen er außerstande ist. Der Grund für die Ohnmächtigkeit des Betrachters liegt im Strecken, in der Autonomie der Jugend.
Diese linearisierenden Effekte sind allem Anschein nach auf Mrowetz' Zeit in Hanau und Würzburg zurückzuführen, in der die Fundamente zur Vertiefung seines zeichnerischen Könnens gelegt wurden. Das zeichnerische und das malerische Werk Mrowetz' geben darüber Aufschluß. In "Ordal", Öl auf Leinwand, 76 x 86 cm, 1946, versucht Mrowetz noch einen duftigeren Farbauftrag, welcher sich Verwischungen der Farbsubstanz zunutze macht. Wie auch im Gemälde "In den Bergen", Öl gespachtelt, 60 x 80 cm, 1965, verbleibt Mrowetz in der Gegenstandsdarstellung. Das soll sich später ändern. Die "Badenden", Aquarell, 30 x 40 cm, 1969, zeigen schon ein stärkeres Maß an Linearität: was im Bild In den Bergen durch Konturierung in eckigen und geschnittenen Formen dargestelllt wurde - die Spachteltechnik unterstützt diese Bildwirkung wesentlich -, wandelt sich im Auftrag der Wasserfarbe mit dem Pinsel zu einer lockeren, leichten Strichführung, welche die Formen dynamisch umspielt. Das Spielerische, oben schon im Zusammenhang mit dem Witz in den Skulpturen angedeutet, gewinnt hier, im Ausloten der Möglichkeiten des Mediums Relevanz. Die "Landstraße", bezeichnenderweise Pastell auf Stoff, 45 x 69,5 cm, 1978, vereint sowohl duftige Bildwirkung mit dynamisierendem Tiefensog. Was aus Aspekten normaler Bildwinkel gemalt wurde, z.B. "In den Bergen" oder auch "Am Feldrain", Tempera, oder "Dörflicher Spaziergang", Öl, wohl in den Vierzigern oder Fünfzigern entstanden, man sieht auf dem Bild zwei Männer und eine Frau auf einem bezäunten Weg, Bäume und norddeutsche Bauernhäuser, mit Fachwerk und Reetdächern, was also sozusagen "normale" Bildausschnitte liefert, wird dann, in der Landstraße, zu einer in räumlicher Hinsicht in die Unendlichkeit der landschaftlichen Weite führenden Weitwinkelperspektive - komponiert nach den Regeln des Goldenen Schnittes, wodurch sich Geschlossenheit der Bildwirkung, aber auch, im Verein mit dem Tiefensog, Offenheit im Ausdruck zeigen. In der Landstraße verbinden sich Atmosphäre und Dynamik. Die Linearität der Formcharakterisierung dynamisiert das Bild. Sonnenstrahlen steigen in rapiden Schwüngen von links unten nach rechts oben, heraus aus einem Zentrum des Lichtes, das hinter den kahlen roten Bäumen die aufgehende - oder die untergehende? - Sonne darstellt: nicht selbst zu sehen, aber doch diffus über die Szenerie strahlend; golden liegen Felder im Licht, glänzen grüne Wiesen in Chromoxyd. Das ganze Bild ist der Dynamik unterworfen: die Baumstämme winden sich und strecken sich, wie schon in der Jugend, dem Himmel, aber auch dem Licht entgegen. Es fragt sich der Betrachter, ob Mrowetz den Herbst, mit seinen goldenen Feldern aber auch schon den entlaubten Bäumen, oder aber den Frühling darstellt, mit seinem Ungestüm, dem Weggang in neue Abenteuer: Erwarten des Weggegangenen, Resignation, Aufgabe, oder Aufbruch aufs Neue, dem Rhytmus der Jahreszeiten wie dem Rhythmus der Baumfolge in die Tiefe folgend. Erstere Variante scheint plausibler: der Betrachter steht am Rande der Landstraße, er bleibt, wie so oft bei Mrowetz, Betrachter, wissend um das, was unwiederbringlich vergeht, was aber im Vergehen das Neue birgt. So verbindet sich im Werk die Morbidität der Aufgabe mit dem Erwachen der Hoffnung auf Neues. Die Landstraße wurde 1978 gemalt; vier Jahre wohnte Mrowetz schon in Überroth, nachdem er die Welt in Norddeutschland hinter sich gelassen hatte und in Überroth neu begann.
Neu, im Vergleich zu den Bildwerken seiner norddeutschen Zeit, ist die Rückbesinnung auf die Zeichnung. 1974 malte er "Die Geburt des Lebens", Tempera auf Leinwand, 100 x 125 cm; dargestellt ist eine weibliche Figur, welche, einem Schmetterling gleich, Licht in ihren Flügeln trägt. Das Bild ist in besinnlichen Blautönen gehalten, welche durch ihr Wechselverhalten mit Grün- und Gelbbeimischungen eine zentrifugale Dynamik gewinnt. Zentrifugalität ist denn auch in der Darstellung von aus dem Licht- und Wärmezentrum Gelb-Weiß austretenden Strahlen gegeben. Stilisierte weibliche Ovarien fungieren als Träger dieses Lebenszentrums: es erfolgt hier die Propagierung des Ursprungs als menschengegeben, damit eine enorme Aufwertung menschlichen Daseins als Träger kosmischer Prinzipien. Interessant ist die ornamental-dekorative Ausgestaltung der Fläche mit linearen Strukturen. Das ganze Bild ist Fläche. Räumlichkeit wird zurückgenommen zugunsten einer biomorphen Ausfüllung der Bildfläche mit zweidimensionalen Strukturen. Diese Strukturen bilden Formen; diese werden, wie am Oberschenkel der Frau, mit Netz- bzw. Gitterstrukturen ausgefüllt und kontrastieren somit zur Plastizität dessen, was man als des Lebens Kern bezeichnen könnte: dieser wird abstrahiert zum Symbol, dem die unmittelbare ikonische Referenz fehlt - es handelt sich "lediglich" um ein weißgelbes Zentrum, aus dem heraus Strahlen zu treten scheinen. Es ist nicht klar, ob dieses Zentrum plastisch, also zum Betrachter hervortretend, oder aber räumlich, den Betrachter in sich aufnehmend, zu begreifen ist.
Ein solches Lebenszentrum, jedoch eindeutig in die Tiefe ziehend, bzw. aus dieser in eine bildflächenparallele Raumebene hinführend, ist auch in den "Sonnenkindern", Öl auf Leinwand, 80 x 100 cm, gegeben. Ebenfalls 1974 gemalt, bringt Mrowetz hier jedoch mehr Körperlichkeit ins Spiel, indem er Räumlichkeit durch teilweise überschneidende Anordnung der Figuren schafft. In der "Geburt des Lebens" ist dies wohlgemerkt nicht der Fall: zur einzigen Überschneidung, nämlich im Schritt der Figur, hervorgerufen durch die Überlagerung der Oberschenkel der Figur, liefert Mrowetz die zweidimensionalisierende Textur des Netzornamentes, welche zudem ausdrücklich nicht auf die Plastizität der Oberschenkel rekurriert. Die Sonnenkinder hingegen verdeutlichen dadurch, daß sie angestrahlt werden, daß die Wirkkraft der Sonne raumdurchdringend ist. Linearität auch hier: die Figuren nehmen auf die Plastiken Mrowetz bezug, der Farbauftrag erfolgt in streifigem und linearem Duktus, die atmosphärischen Verwebungen, welche um die Figuren ondulieren, sind mit einem dynamisierenden Pinselspiel dargestellt. "Pas de Deux", eine kolorierte Druckgrafik, 1995 entstanden, 46 x 65 cm groß, ist ein Beispiel für die Beibehaltung dieser Ausdrucksqualität bis in die Gegenwart, ebenso "Die drei Gazellen", 50 x 100 cm, 1994 entstanden, dieses jedoch eher an die Plastiken Mrowetz' erinnernd aufgrund der farblich kompakten Körperlichkeit der Figuren, die dafür aber, und das bleibt zu bemerken, weit in die Fläche ausgreifen, und in ihren Formen einen fast ornamentalen Rhythmus nach allen Seiten hin ausbilden.
Die "Sonnenkinder" und die "Geburt des Lebens" sind 1974 entstanden, sowie auch Schlüsselwerke im Mrowetzschen Schaffen. Nicht ohne Grund treibt Mrowetz die Bildgestaltung mit Hilfe linearer Elemente, also zeichnerischem Duktus, weiter voran: 1976 bis 1978 schafft er eine konsequente Reihe von Druckgrafiken, die, zum Teil uner Zuhilfenahme unkonventioneller Bildmittel, sich völliger grafischer Gestaltung bedienen: es sind dies "Fata Morgana", ein Holzschnitt auf Japanpapier, 58 x 79 cm, 1979, "Flotte Begegnung", ein Styroporschnitt auf Japanpapier, 35 x 61 cm, 1976, sowie "Ein Sommernachtstraum", eine Lithographie, 59 x 78 cm, 1978. Später gesellen sich noch andere Werke dieser Art hinzu, so z.B. 1987 "Der Nachtfalter", ein Holzschnitt au Japanpapier, 36 x 49 cm, was die Konstanz im Mrowetzschen Schaffen belegt. Die Holzschnitte "Nachtfalter" und "Fata Morgana" wurden von Mrowetz auf unkonventionelle Weise hergestellt, das wurde schon angedeutet. Mrowetz druckt einfach zwei Baumquerschnitte mittels Farbe auf Papier; die Zwischenräume werden dann der künstlerischen Intention entsprechend ausgestaltet. Dadurch ergeben sich zentrisch subordinierte Linienpaare, welche sich innerhalb der Umfassung durch die Mrowetzsche Zeichnung entfalten können. Dazwischen schildert Mrowetz organisch-figurative Formen, in der Fläche wohlgemerkt, das haben wir bis hierher als Charakteristikum Mrowetz' schon festgestellt.
In den achziger Jahren findet Mrowetz dann einen Zugang zu den anschaulichen und haptischen Qualitäten von Metall; es entstehen eine Reihe von Bildwerken, welche eigentlich unter die Rubrik des Reliefs zu subsumieren sind, da sie tiefenräumliche Ausdehnung zeigen. Als solche wären zu nennen "Pan und Psyche", Gips staffiert mit Aluminium, Blattgold und Silber, wobei der Gips selbst eingeschnitten, dann mit Blattgold, Silber und Aluminium belegt wurde, 90 x 63 cm, "Olympia", ein Metallrelief aus Aluminium, Kupfer und Kupferdraht auf Holz, 91 x 121 cm, 1984 entstanden, "Der Lebensbaum", 90 x 100 cm, 1989 entstanden, in der gleichen Technik. Später, in den neunziger Jahren, kommt dazu noch der "Carneval Venetia", 91 x 121 cm, 1991 entstanden, sowie "Submersum", 77 x 98 cm, das rätselhafteste Bild unter diesen Werken, ebenfalls von 1991. Weitere Bilder, so z.B. "Phoenix", ähnlich wie "Pan und Psyche", in den achziger Jahren entstanden, zeugen von dem Streben Mrowetz', die Möglichkeiten des Materials auszuschöpfen. In diesen Metallbildern thematisiert Mrowetz das Verhältnis von Fläche und Linie zueinander. Die Fläche, oft gebrochen, wie "Pan und Psyche", aber auch schon in den impressiven Bildwerken der Frühzeit Mrowetz', stellt einen flackernden Gegenpol zur strengen Linie dar, welche z. B. in "Olympia" und "Submersum" durch den rotbraunen Kupferdraht manifeste Präsenz gewinnt. Sie setzt sich gegenüber der Fläche durch, indem sie sich auf diese legt, bleibt aber an diese gebunden, indem es Berührungs- und Befestigungspunkte zwischen beiden gibt. Durch diese Linien wird der Blick des Betrachters über die fraktale Fläche dirigiert und hat nun die Möglichkeit, das Werk sukzessive und geleitet zu rezipieren. Dieses Wechselverhältnis zwischen expressivem Graphismus und fraktal-impressiver Oberflächenbehandlung ist es, was den Betrachter sowohl in den Plastiken, als auch in den Grafiken, wie auch in den Gemälden und Reliefs Mrowetz' reizt, die Zwiesprache mit dem Werk aufzunehmen. Ein Schmankerl zum Nachdenken: Die "Hoffnung am Himmel I" und "II", 1997 entstanden, Öl auf Leinwand, beide Versionen 80 x 100 cm groß.
Was den Inhalt anbelangt, so stellt Mrowetz durch sein Werk genau das dar, was später der Titel verkündet: Jugend, Gespräch, Karneval, die Halluzination, Fata Morgana oder die Geburt des Lebens. Dies alles sind Abstrakta des menschlichen Zusammens, und so bleibt bei Mrowetz die Erkenntnis, daß ein Künstler sich Gedanken um den Menschen, um sein Miteinander, um seine Konditionen macht. Viele Werke wurden in diesen Ausführungen nicht berücksichtigt - indes: die conditio humana, oder: der Mensch als Maß aller Dinge, bildet bei Mrowetz die intensivste Fragestellung.
Literatur
recenseo
Texte zu Kunst und Philosophie
ISSN 1437-3777